Alpencross Tag 2 Pfunderer Joch
St. Jakob - Fußendrass - Großbergalm - Pfunderer Joch - Weitenbergalm - Pfunders - Vintl - Mühlbach - Aicha - Brixen
58 km / 1350 hmDas Pfunderer Joch ist allseits bekannt als ein Kult-Übergang.
Zudem pflege ich zum Pfunderer Joch ein ganz besondere Beziehung. Wenn ich was schweres zu Tragen habe, ist es seit 2006 immer so, dass ich unweigerlich ans Pfunderer Joch denken muss. Trage ich z. Bps. einen Kasten Bier von der Garage ins Haus, kommt
mir ständig der Gedanke, wie es wäre, diesen Kasten Bier übers Pfunderer Joch tragen zu müssen. Das passiert mir wirklich ganz oft. Scheint ein Trauma zu sein...
Mal schaun, ob eine Wiederholung dieser Tour mein Trauma lindert oder ob das Trauma verstärkt wird?
Bei erstklassigen Bedingungen geht es früh am Morgen raus aus St. Jakob i. Pfitschertal. Für die heutige Tour sollten die äußeren Bedingungen auch passen. Das Pfunderer Joch stellt mit seinen 2568 m Höhe den maximum peak meines Alpencross Cinque Croci dar. Da möchte ich eigentlich nicht bei Regen drüber, und sei der Regen noch so leicht... Ist aber kein Thema, Regen war gestern.
Die dreieinhalb Kilometer durchs sonnige Pfitschertal rollen geht ganz einfach.
Naja, ganz einfach? Irgendwie bekomme ich schon erhöhten Puls, alleine von der Vorstellung, was mich ab Fußendrass erwartet, .
Zum Pfunderer Joch rauf werden 1200 Höhenmeter auf eine Strecke von nur 8 Kilometer
gemacht. "flat sucks!" fällt mir dazu ein.
Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich einen ganz großen Teil dieser Strecke mein Radl schiebe. Im unteren Teil durch den Wald 100%, ab der Großbergalm weitet
sich das Tal, der Anstieg wird etwas flacher. Hier habe ich Probleme mit meinen 160 mm Federweg an der Rock Shox Pike RC, welche sich nicht verkürzen lässt. Im Sattel meines neuen Stereos
komme ich mir hier vor wie auf einem besoffenen Kamel.
Ich lasse es nach ein paar untauglichen Versuchen lieber bleiben und hoffe dass mich niemand sieht.
Ich schiebe mein Radl nach oben. Es stellt sich wieder eine unbeschreibliche Zufriedenheit ein. Langsam nähere ich mich dem Pfunderer Joch welches man schon von weitem sehen kann, ein Augenblick, den ich vor Monaten geplant und dem ich entgegengefiebert
habe, wird Wirklichkeit.
Die letzten Serpentinen im Geröll.
Das altbekannte Schneefeld.
Die neue Aussicht auf der anderen Seite des Jochs.
Diese Eindrücke brennen sich wieder in mein Gedächtnis und wieder werde ich sie mit einem Lächeln im Gesicht hervor holen...
Nachdem ich 360° rundum alles fotografiert habe mache ich mich an den Downhill. Die ersten knapp 50 Höhenmeter runtergeschoben geht es los. Helm auf, Sattel rein, die Gabel ist eh schon draussen. Ich tausche mein besoffenes Kamel gegen einen wilden Löwen.
Auf dem reite ich über zwei Schneefelder und unzählige Stufen, Felsen, Kurven und Spitzkehren nach unten. Ich suche nach den Stellen, welche ich 2006 nicht fahren konnte, finde diese aber nicht.
Wie in einem Rausch...
Oha!!!
Bis eine Kuh neben mir herläuft.
Das Nebenherlaufen ist ja nicht das Problem. Aus meinem Flow bringt mich, wie die Kuh einen Schritt auf meine Seite macht.
Schon liege
ich da. So wie es ausschaut bin ich vorne über den Lenker abgestiegen, Knochen sind noch alle heil, nur das Bike liegt auf mir drauf. Fünf Minuten später habe ichs geschafft mich vom Bike zu
befreien, der Lenker ist verbogen, die Sonnenbrille in der Oberschenkeltasche gecrasht. Da gehört sie aber auch nicht hin, die Sonnenbrille.
Zum Glück habe ich das Nutztier auf der grünen Alm getroffen,
hier bin ich weich gelandet. Weiter oben wars steinig, da wäre es nicht so glimpflich ausgegangen. Nach Kamel, Löwe und Kuh habe ich erstmal genug von der Tierwelt und bike unterhalb der Weitenbergalm
auf gemütlichem Weg Richtung Pfunders.
Auf der Höhe von Dun führt mich ein Wegweiser auf die linke Talseite des Pfunderer Tals. Ich denke 2006 sind wir rechts runter.
Egal, auf 1330 m Höhe,
bin ich wieder da wo ich auch 2006 war. Auf Asphalt schieße ich nach Pfunders und Vintl. Es wird immer heißer je tiefer ich komme.
In Vintl geht es auf den Pustertaler Radweg welcher mich nach Mühlbach bringt.
Naja, bringt? Auf der Landkarte sieht das ja immer recht schön aus, ist ja alles recht nah beieinander. Könnte man meinen, ist aber nicht. Es zieht sich. Und es zieht sich nach oben.
Gefühlte 1000 Höhenmeter oberhalb der Pustertaler Hauptstraße (real sind es vielleicht 100 Hm) komme ich nach Aicha, wo ich eigentlich nicht hin will. Ich habe den Abzweig, links rein nach
Natz/Schabs verpennt. Nein ich hab ihn nicht verpennt, ich habe den kleinen Anstieg von vielleicht 60 Hm gescheut und komme deshalb im großen Bogen nach Aicha. Gut dass es irgendwann
doch noch links runter nach Brixen geht, ansonsten wäre ich vielleicht in Sterzing rausgekommen.
Wie es sich mit meinem Trauma verhält werden die nächsten Monate zeigen.
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